Was erzählen Dinge?
Enzo zeigt uns zwei Schuhe. Beide, so sagt er, sind rund 100 Jahre alt, beide hier aus der Gegend. Der eine ist ein recht grober Klotz, teils aus Holz, ein Kinderschuh. Der andere sieht eigentlich so aus, als wäre er erst kürzlich in einem guten Schuhgeschäft gekauft: weiches Leder, ein hübscher Absatz, eine Art Stiefelette – Sonntagsschuhe eines jungen Mädchens aus reichem Hause.
Hier oben in den Bergen, gemeint ist das Hinterland der Ligurischen Riviera, war man früher arm und lebte davon, was das Land hergab. Die Bauern hatten wenig extrem steiles Land, schwer zu bewirtschaften, die Steinmauern, die Terrassen fassen, mussten ständig nachgebessert werden.
Allerhand Werkzeug findet man in Enzos Museum, landwirtschaftliche Gerätschaften, Werkzeuge des Schusters und natürlich auch viele Küchenutensilien. Er zeigt uns einen länglichen Metallbehälter an einem langen Stiel, den man mit einem Schieber öffnen und schließen kann. Damit röstete man früher „Kaffee“ am offenen Feuer. Bohnenkaffee allerdings war viel zu teuer, die Bäuerin, die ihm das Gerät überlassen hat, war 98 Jahre alt und erzählte: Wenn wir Getreide bekommen konnten, rösteten wir diese Körner, oft aber auch die recht großen Samen der wilden Amerikanerrebe – auch als „Uva Fragola“ (Erdbeertraube) bekannt.
Wer italienisch versteht und Enzo zuhört, taucht in vergangene Zeiten ein. Das älteste Stück in seinem kleinen Museum ist eine bronzene Speerspitze. Angefangen hat seine Sammelleidenschaft aus politischen Gründen: er wollte die Geschichte des Widerstands gegen Mussolini, der Antifaschistischen Bewegung festhalten. In historischen Fotos, Ausweispapieren und vielerlei Artefakten hält er die Geschichte der Partisanen wach.
Mit Religion, schmunzelt er, hat er nicht so viel am Hut, dennoch findet man Alben über Alben voll mit religiösem Schmuck, Kreuzen und ähnlichem. Woher die stammen? Und all die anderen Gegenstände aus Metall: Münzen, Uniformknöpfe aus napoleonischer Zeit und eben jene Speerspitze der Bronzezeit… Von den Feldern, den mit Olivenbäumen bewachsenen Terrassen. Zur Erntezeit kamen viele Leute aus dem Piemont und anderswo her. Bezahlt wurden sie in Olivenöl. Gläubige Leute, viele Frauen. Da sie in gebückter Stellung ihrer schweren Arbeit nachgingen, verloren sie oft die religiösen Schmuckstücke, die sie beschützen sollten. Und Enzo geht heute mit einem Metalldetektor die Terrassen ab und findet…..
Das kleine, aber feine Museum ist in der Regel Samstag und Sonntag geöffnet, nur Mittags geht Enzo nach Hause oder aber (was Sie ihm gleichtun könnten) in die Osteria Du Bacan, nur wenige Minuten vom Museum entfernt. Dort gibt es wunderbare Hausmannskost, Vorspeisen, wie sie in Ligurien üblich sind, hausgemachte Pasta zum Beispiel mit frischem Pesto, geschmortes Kaninchen oder mit viel Gemüse gefüllte ligurische Kalbsbrust. Besonders köstlich und nachahmenswert fanden wir die dünne, federleichte Zucchinitarte, deren Rezept wir ergattern konnten.